Das bedeutet nicht, dass es auch beliebig wäre. Ganz sicher nicht!
Werner Heisenberg hielt im Februar 1928 vor großem Universitätspublikum seine Antrittsvorlesung und sprach über „Erkenntnistheoretische Probleme in der modernen Physik“, unter anderem vor älteren Philosophen, denen er den nicht sonderlich diplomatischen Rat gab, sich von dummen Schlagworten wie „Alles ist relativ“ fernzuhalten, wenn sie sein Fach verstehen wollten.
Es stimmt einfach nicht, dass alles relativ wäre. Richtig ist nur, dass die Wahrnehmung aus zwei (!!) Positionen immer relativ sind, doch das betrifft nicht die Wahrnehmung als solche, sondern alleine das Bezugsystem. Das hat leider zu dem gedanklichen Kurzschluss geführt, dass alles relativ wäre. Auch dass jegliche Wahrnehmung subjektiv ist, hat damit nichts zu tun. Ist das Bezugssystem unterschiedlich sind auch die Wahrnehmungen unterschiedlich, also relativ, nicht jedoch die Wahrnehmung an sich.
„Relativ“ kann etwas nur in Bezug zu etwas anderem sein, doch nie für sich gesehen. Das Spannende ist, dass das nicht absolut gilt. Die Lichtgeschwindigkeit etwa ist immer identisch. Was also ist relativ? Sitze ich in einem fahrenden Zug, bewegt sich die Landschaft (!) an dem Fenster vorbei, der aus einem Haus den Zug sieht, sieht jedoch den Zug bewegt. Es kommt also auf die Perspektive an. Schon wenn meine Frau neben mir wie ich aus dem Fester schaut, sehen wir nicht das Identische, selbst wenn wir die absolut gleiche Blickrichtung hätten; denn unsere Positionen sind nicht identisch.
Ihr und mein Bezug zu dem, was wir anschauen, ist anders, weil wir eine andere Blickperspektive haben. Das ist so, auch wenn immer wieder die Frage auftaucht, warum ich oder sie nicht sieht, was der jeweils andere für ganz offensichtlich hält. Noch drastischer wird es, wenn bestimmte gedankliche Vorstellungen vorhanden sind. Ein gutes Training für gelingende Kommunikation … . Beide Ansichten (!) sind richtig, aber nicht identisch.
Was ich wahrnehme, kann niemand anderes identisch wahrnehmen. Darüber muss man sich verständigen, am besten in der Diskussion, da kann man sich so ordentlich kloppen. Also doch lieber den Dialog, denn da will niemand Recht behalten. Aber das gilt nicht nur bei Zügen, sondern überhaupt. Ich kann auch sagen, dass sich zwei unterschiedliche Bezugssystem mit einem identischen Bezugspunkt grundsätzlich relativ zueinander verhalten. Was in Gesprächen regelmäßig ignoriert wird, jedenfalls ist das meine Erfahrung.
Alles, was bewegt ist, verhält sich relativ zu allem anderen. Und im Universum ist absolut nichts in Ruhe, auch wenn ich gerade nicht das Gefühl habe, mich zu bewegen. Doch tatsächlich rase ich durch das Universum. Richtig spannend wird es, wenn man das Licht hinzu nimmt. Denn das bedeutet in letzter Konsequenz, dass sich nicht die Lichtgeschwindigkeit ändert (geht ja nicht) – aber die Zeit. Fliegt ein Flugzeug nach Westen und das andere vom identischen Flugplatz nach Osten und nehmen beide Uhren mit, zeigen die, wenn die Flugzeuge wieder zurück und gelandet sind nicht mehr die selbe Uhrzeit.
Eine Tatsache, die, soweit ich weiß, noch nicht philosophisch aufgearbeitet wurde. Weshalb auch viele diese Tatsache ignorieren, würde ja nur für Verwirrung sorgen – und die als fest angesehenen Dinge als relativ zueinander erkennen lassen. Da sich also alles als relativ zueinander bewegt gibt es keine absolute Zeit, auch die ist relativ. Was aber nicht für die Diskussion mit Ihrem Partner taugt, wenn Sie mal zu spät kommen. Dafür sind weder Sie noch ihr Partner schnell genug, dass das zu merken wäre.
Das Thema Relativität steckt auch in der Formel E = mc2. Vielleicht macht es das philosophisch fassbarer? Lohnt sich darüber nachzudenken. Weil die Lichtgeschwindigkeit gleich bleibt, verändert sich die Masse, verändert sich die Energie – und umgekehrt. Also angenommen, ich könnte durch das Weltall fliegen, würde ich die Raumzeit anders krümmen, hätte ich endlich mein ersehntes Gewicht.
Falls Sie das jetzt verwirrt, sollten Sie nicht vergessen, dass das andere vielleicht noch mehr verwirrt. Sie wissen ja, auch das ist relativ, denn es ist eine Frage der Perspektive. Aber denken Sie daran nie wieder zu behaupten, alles sei relativ. Das wäre nicht korrekt. Daher ist es so wichtig zu wissen, in welchem gedanklichen Bezugssystem Sie sich oder Ihr Gegenüber bewegt – und vielleicht auch, wie schnell derjenige – oder Sie – denkt … .