Fragmentierung

Viele Menschen sehen die Welt fragmentiert, aber nicht differenziert. Die Folge dieses Denkens ist, das uns das Verständnis und das Gefühl für die Einheit und Verschränkung aller Dinge verloren gegangen ist und damit auch für die Prozesshaftigkeit des Lebens. Auf dem Boden der Fragmentierung gedeihen Abgrenzung und Egoismus.

Erleben wir die Dinge hingegen als miteinander verbunden und verwoben, grenzen wir uns nicht ab, sondern differenzieren uns mit unserer Individualität, bleiben jedoch ein Ganzes. Das „Problem“ der Fragmentierung hat David Bohm sehr gut beschrieben:

„Ich denke, das Problem ist diese Fragmentierung… Alles Denken ist in Stücke gebrochen. Wie diese Nation, dieses Land, diese Industrie, dieser Beruf und so weiter…. Und sie können sich nicht treffen. Das kommt daher, dass sich das Denken traditionell so entwickelt hat, dass es behauptet, nichts zu bewirken, sondern nur zu sagen, wie die Dinge sind. Deshalb können die Leute nicht sehen, dass sie ein Problem schaffen und dann anscheinend versuchen, es zu lösen… .

Ganzheit ist eine Haltung oder ein Ansatz für das ganze Leben. Wenn wir einen kohärenten Ansatz für die Realität haben, dann wird die Realität kohärent auf uns reagieren…. Wenn wir unser Denken ändern, werden wir die Ergebnisse erzielen, die wir beabsichtigen, und nicht das, was wir nicht beabsichtigen, das ist die erste große Veränderung. Dann werden wir geordneter, harmonischer, wir werden glücklicher sein, denke ich… .

Die Hauptquelle des Unglücks ist, dass wir inkohärent sind und daher Ergebnisse erzielen, die wir nicht wirklich wollen, und dann versuchen, sie zu überwinden, aber wir produzieren sie weiter… .

In einem Dialog gebe ich meine Individualität nicht auf, aber ich suche das Gemeinsame, das Verbindende; in einer Diskussion oder Debatte hingegen suche ich mich zu behaupten, in dem ich mich von dem anderen abzugrenzen suche. Hans Peter Dürr etwa hat die Ansicht vertreten, dass nicht von Atomen oder Teilchen gesprochen werden sollte, sondern von Wirks oder Passierchen, da die Elementarteilchen als solche nicht existieren – nur kreative Elementarprozesse. Nicht einmal eine unveränderliche Materie gibt es.

Nur wenige sind sich bewusst, dass die Welt in jedem Moment neu geschaffen wird, idealerweise in Erinnerung an die Vergangenheit – doch mit Blick auf die Zukunft. Ich gebe zu, dass das bei unlebendigen Dingen nicht so ohne weiteres erkennbar ist, aber bei Lebendigen ist das sofort erkennbar.

Erlebe ich mich nicht fragmentiert, frage ich mich in Gedanken immer wieder, wie ich sein will. Fehler, die das Bewusstsein blockieren, haben mit unserer westlichen Neigung zu tun, Prozesse zu unterbrechen – eben fragmentiert zu denken. Auch die Vorstellung, ich könne eine Veränderung erzwingen, leugnet die Prozesshaftigkeit des Seins.

Weiter lesen: Wirklichkeit und Information

Alle „42“ weiter zu „137“ Texte sind hier aufgelistet: Textverzeichnis