Das Geheimnis hinter der Komplexität ist das fraktale Prinzip.
Wie sagte doch Wilhelm von Ockham? 1. Von mehreren möglichen hinreichenden Erklärungen für ein und denselben Sachverhalt ist die einfachste Theorie allen anderen vorzuziehen. 2. Eine Theorie ist einfach, wenn sie möglichst wenige Variablen und Hypothesen enthält und wenn diese in klaren logischen Beziehungen zueinander stehen, aus denen der zu erklärende Sachverhalt logisch folgt.
Leider vergesse ich dieses Prinzip immer wieder, aber irgendwann fällt es mir dann doch wieder ein. Will ich also mich selbst verstehen, sollte ich nicht Organe als Sitz bestimmten Qualitäten suchen, sondern all das, was mich ausmacht, in einer einzigen Zelle sehen. Erst einmal „nur“ einer Zelle.
Spreche ich über Intelligenz, hatte ich dabei bisher immer nur mein Gehirn im Blick. Doch da ja auch Oktopoden mit mehr als nur einem Gehirn ausgesprochen intelligent sein können, andererseits ein Blob auch ganz ohne Gehirn intelligent ist oder wie ein paar einzelne Gehirnzellen, die Pong spielen können, lasse ich diese gedanklichen Bilder einfach weg und sehe in Organen eine durch Ordnung differenzierte Struktur – mehr aber auch nicht.
Es war und ist also für mich als Angehöriger der Spezies Mensch also ideal, meine Rechenleistung vor allem im Gehirn anzusiedeln, aber auch nicht ausschließlich. Beispielsweise weiß man Magen sehr gut, was dem restlichen Organismus gut tut, auch wenn mein Gehirn bei dem Blick auf die Waage den Kopf zu schütteln scheint.
Es brauchte also nur eine vielfach kopierte Zelle und ein Organisationsprinzip, damit ich hier sitzen und schreiben kann. Was sofort eine interessante Frage aufwirft, nämlich die Frage danach, wie der Geist in die Materie kommen konnte. Oder umgekehrt.
Jedenfalls ist für mich offensichtlich, dass Geist Materie zumindest gestaltet, wobei ich auch Organisation als ein Phänomen des Geistes ansehe. Rein körperlich machte ich absolut nichts, wenn mein absolut Geist keine Funktion mehr hätte, dann würde ich nicht mehr leben.
Dass ich in manchen Situationen hirnlos gehandelt habe, hat ja die Geistfunktionen nicht abgeschaltet, sondern hat mich nur die falschen Entscheidungen treffen lassen. Und wo der instinktiven, nur leider unzutreffende wie fatale Impuls herkam, auf Schotter in einer Kurve mit der Vorderradbremse zu bremsen – keine Ahnung. Aus meinem Gehirn? Meinem Bauch? Oder am Ende der Hand?
Oder war es Intuition, die einfach nur unzutreffende Informationen zur Verfügung hatte? Genauso ist es mit Schönheit. Weshalb empfinde ich manches als schön und anderes nicht? Ich hatte heute beim Optiker mit einer Frau zu tun, die einen Ehering trug, der meinem sehr ähnelte.
Prompt war mir die Frau sehr sympathisch, aber nicht nur wegen des einfach gestalteten Rings, sondern weil mir auch die Art ihrer Beratung sehr entgegenkam. Was bei mir die Frage aufkommen ließ, ob die Ringe, die jemand trägt, etwas über die geistige Ordnung aussagt, mit der der Betreffende sein Denken organisiert und strukturiert.
Ich denke, das ist definitiv so. Daher gefällt mir auch dieser Satz von Jiddu Krishnamurti: „Schönheit ist dort, wo Ordnung ist – in einem klaren, nicht verwirrten Geist, in dem absolute Ordnung herrscht.“ Es ist nun einmal eine wissenschaftliche belegte Tatsache, dass der moderne, sexuell aktive Mann mehrheitlich auf vollbusigen Blondinen steht, Frauen aber ungeachtet alle Emanzipation nach wie vor den dominanten, wohlhabenden Anzugsträger mit den grauen Schläfen attraktiv finden (bei den Gorillas heißen die Silberrücken), ist evolutionär ganz einfach mit dem Fortpflanzungsinteresse erklärbar.
Jedoch, Ausnahmen bestätigen die Regel. Was ich also als schön empfinde, ist nicht schön, weil es eben schön ist, sondern weil ich es so empfinde. Was ich jedoch empfinde, hat etwas mit der Organisation meines Denkens zu tun, also den Strukturen und Bahnen, denen mein Denken folgt und die es selbst geprägt hat.
Dabei spielt Zufall eine nicht unerhebliche Rolle. Als ich noch nicht lange verheiratet war, war ich ziemlich eifersüchtig. Das lies mich zusammen mit meiner Frau zu einem Persönlichkeitstraining gehen, wo mir eine ihrer Bekannten ganz begeistert von Familienstellen erzählte, was mich sofort veranlasste, eines zu besuchen, was dann überhaupt erst meine Familiengeschichte erstmals offenlegte. Sonst wäre ich wohl nie darauf gekommen.
Es war also Zufall im doppelten Sinn, dass ich meine Geschichte hinterfragte. Subjektiver Zufall insoweit, da (aus der Rückschau betrachtet) vorhersehbar war, dass ich diese Bekannte traf, es war aber auch objektiver Zufall, denn was veranlasste mich, an einem solchen Familienstellen teilzunehmen? Intuition? Für mich stellt es sich als ein subjektiver Zufall dar.
Oder Ausdruck der fraktalen Komplexität meines Denkens, das sich einfach einmal an Wilhelm von Ockhams Rasiermesser gehalten hat und sich nicht in Geschichten erging. Auch ein Ausdruck der zumindest beginnenden Schönheit, den Klarheit ist für mich ein Aspekt des Schönen, was für mich ein unmittelbarer geistiger Ausdruck ist.