Kultur

Ist Kultur nichts anderes als eine ökologische Anpassungsstrategie? Bonobos haben ja eine ganz andere Verhaltenskultur als Gorillas. Gleichwohl dient ihre Kultur, so unterschiedlich sie ist, dem Erhalt der Spezies, nicht nur dem Überleben.

Bei uns Menschen ist das ähnlich, aber nur ähnlich. Wir haben zwar auch eine Kultur, nur grenzen wir uns damit nicht nur gegen wirkliche, sondern auch gegen vermeintliche Feinde ab. Wie Einstein sagte, wir erfahren uns selbst, unsere Gedanken, unsere Gefühle als etwas vom Rest Getrenntes, eine Art optischer Täuschung des Bewusstseins. Dies beschränkt uns, so Einstein, auf unsere persönlichen Wünsche und auf unsere Zuneigung gegenüber einigen wenigen, die uns am nächsten stehen.

Die Folge: Wir haben nationale Kulturen entwickelt, die nicht nur das Überleben der Spezies Mensch sichern, sondern auch das Überleben der Spezies, die wir über unsere Nationalität definieren, manchmal sogar noch kleinere Gruppen.

Das heißt, wir schließen alles aus, was wir als nicht zugehörig empfinden. Mit anderen Worten, ich empfand mich früher eher als Deutscher denn als Mensch. Doch um diese Hürde überwinden zu können, brauchen wie eine gemeinsame Kultur.

Wollen wir uns aus diesem Gefängnis befreien, das wir durch die Täuschung unseres Bewusstseins gebaut haben, dann müssen wir nicht nur den Kreis unserer Leidenschaften ausdehnen, wie Einstein es beschrieben hat, bis er alle lebenden Wesen und das Ganze der Natur in all ihrer Schönheit umfasst; sondern wir brauchen auch eine gemeinsame Kultur, die den Erhalt nicht nur des Menschen, sondern auch alles Existierende umfasst.

Ich denke, dann sind wir auch wieder in der Lage, die Schönheit des Existierenden wahrzunehmen.