Vergangenheit und Zukunft

Das zu erleben hat möglicherweise mehr mit Wärme als mit Zeit zu tun. Wärme fließt normalerweise von warm zu kalt, das heißt, die Atome sind im Zustand „Warm“ in schneller Bewegung und geben Energie an die „kalten“ Atome ab, die sich dann schneller bewegen.

Es ist also nicht die energetische Bewegung als solche, die die Veränderung ausmacht, sondern der energetische Austausch. Findet kein Austausch von Wärme statt, bleibt alles wie es ist, sind Vergangenheit und Zukunft ohne Unterschied; es fließt keine Zeit.

Das wesentliche Phänomen, das die Zukunft von der Vergangenheit unterscheidet, ist das Fließen der Wärme von warm nach kalt. Wie ich darauf komme? Kam ich nicht, sondern Carlo Rovelli, Quantenphysiker.

Ist zwar verrückt, was die so feststellen, doch das zu ignorieren wäre ernsthaft verrückt. Aber warum fließt die Wärme dann zum Kalten und nicht das Kalte zur Wärme? Das hat Ludwig Bolzmann herausgefunden. Er hatte die Idee, dass Zufall da eine Rolle spielt und brachte die Wahrscheinlichkeit ins Spiel.

Die Fließrichtung von warm zu kalt ist kein Gesetz, sondern sie ist so „nur“ aufgrund hoher Wahrscheinlichkeit. Das hielten seine Kollegen für so absurd, dass er sich vielleicht deswegen umbrachte. Aber seine Idee war korrekt. Und damit kommt die Zeit mit ins Spiel, denn sie spielt tatsächlich keine Rolle.

Einstein stellte fest, dass Zeit das ist, was man an der Uhr abliest, es also Zeit, so wie wir sie normalerweise verstehen, nicht gibt. Wir sprechen zwar von „Gegenwart“ und was es darin gibt, existiert für uns, „Vergangenheit“ jedoch existiert nicht (mehr) und Zukunft existiert (noch) nicht. Interessant ist, dass in der Physik nie von „Jetzt“ die Rede ist.

„Jetzt“ kann jeder nur selbst erleben. Vielleicht sollte ich nur im Zusammenhang mit „hier“ von „jetzt“ sprechen, also meiner Position und meiner Zeit, ganz im See von Einsteins Relativitätstheorie, denn Zeit ist definitiv relativ, also abhängig von dem Ort, von dem aus etwas festgestellt wird.

Sage ich „ich bin hier“, dann sage ich es von einem anderen Ort aus, als ein anderer meine Worte hören kann. Es gibt demnach weder ein gemeinsam erfahrbares „Jetzt“ und auch kein „hier“. Darüber sollten wir uns klar werden, reden wir über „die“ Welt.

Es gibt also „Ihre“ und „meine“ Welt, die nicht identisch sind – aber die Regeln dafür sind es! Das wirft eine interessante Frage auf, ob etwas auch für Sie existiert, nur weil ich es für mich existiert, da ich es wahrnehme? Sind also die Dinge subjektiv, weil sie ja nur subjektiv wahrgenommen werden können?

Eine zwar verrückt klingende, aber berechtigte Frage, ist doch der Begriff „Gegenwart“ subjektiv, wie die Relativitätstheorie gezeigt hat. Zu glauben, dass es eine gemeinsame Gegenwart gibt, ist definitiv eine Illusion. Und falls Ihr Selbstverständnis zu wanken beginnt, meines liegt schon am Boden – um wie ein Phönix aus seiner Asche neu zu entstehen.

Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart sind also keine realen Größen, sondern relativ und subjektiv. Ok, akzeptiert – nur was bedeutet das für mich? Es beginnt damit, sprechen wir über Gegenwart, wir immer nur von statistischen Mittelwerten sprechen. Und mein Weltbild wird ziemlich brüchig, wenn ich bedenke, dass es einen Zeitfluß nur in meiner Vorstellung gibt.

Was mich also an mein Zeitverständnis kettet, ist meine Unwissenheit. Was ich daran erkennen kann, dass mein Zeitempfinden sehr real ist – aber nur für mich. Die Frage ist also, was läßt mich scheinbar Zeit empfinden? Eine offene Frage für uns Menschen, aber nicht für die Natur.

Es hat scheinbar etwas mit erlebbarer (!!) Veränderung zu tun. Irgendwie har das was mit Wäre zu tun, denn Wärme fließt – im Gegensatz zur Zeit. Interessante Frage: Erzeugt der Fluß von (innerer?) Wärme ein Zeitgefühl in mir?

Wenn ich dem einmal nachspüre, könnte da etwas dran sein. Vielleicht die Entmystifizierung von Zeit?