Vom ich zum wir und wieder zurück

Der Paradigmenwechsel, zu dem ich bereit sein sollte.

Ein lebendiges System wie etwa ein Vogelschwarm ist wunderschön anzuschauen, man kann auch beschreiben, was ‚er‘ tut oder macht, aber wenn ich zu erklären suche, weshalb der Schwarm sich so oder anders verhält, muss ich sowohl das Handeln und Verhalten des einzelnen Tiers wie auch die Schwarmdynamik betrachten.

Nicht ganz so schön anzuschauen, aber viel faszinierender weil wesentlich komplexer ist ein Ameisenschwarm. Eine frisch geschlüpfte Ameise ist – erst einmal – ein unbeschriebenes Blatt. Sehr schnell bekommt sie dank der Schwarmdynamik „ihren“ Platz zugewiesen und wird in die von ihr zu erledigenden Aufgaben eingeführt. Nicht anderes ergeht es übrigens den Zellen meines Körpers.

Der Schwarm definiert, was der Einzelne zu tun hat. Wir beschreiben das als das Bedürfnis, die Homöostase zu gewährleisten, den Gleichgewichtszustand eines offenen dynamischen Systems. Das ist auch der Grund, warum eine Wunde wieder verheilt und der Körper genau „weiß“, was zu tun ist. Oder „was“ einer Ameise „sagt“, was ihr zukünftiger Job ist. 

Nicht anders ist es in der Mini-Schwarm Familie. Neuankömmlinge werden schnell in die für die Homöostase erforderliche Funktion eingewiesen. Nicht etwa durch die Eltern, sondern durch das System Familie – das ja „funktionieren“ will. Schwierig wird das Ganze, wenn einzelne Teile innerhalb der Familie ihren Job nicht ordentlich erledigen.

Je nachdem, wo ich bei meiner Betrachtung „Stop“ sage, ist die Grenze des Systems. Je größer das System ist und je mehr Subsysteme vorhanden sind, desto schwieriger wird es, Fehlfunktionen auf die Spur zu kommen und zu heilen. Fehlfunktionen beim Einzelnen können nur in diesem System korrigiert werden, aber nicht durch das größere System.

Deswegen lautet ja auch die „Anweisung“ für den Jakobsweg, dass er im eigenen Haus beginnt. Ich würde es ein wenig weiter reduzieren und sagen „bei jedem selbst“. Tatsache ist, dass „ich“ nicht zu verorten bin, nur die Zellen, die mich ausmachen. Genauso wenig ist eine Familie zu verorten, nur ihre Mitglieder und auch keine Firma, sondern nur ihre Mitarbeiter. Auch eine Gesellschaft gibt es nicht als etwas aus sich selbst heraus Existierendes.

Die Dynamik eines Systems wird also bestimmt durch das Verhalten des einzelnen Mitglieds, jedoch die optimalen Regeln, an die sich jedes Mitglied halten sollte, sind systemimmanent.

Also sollte (?) ich die idealen (!) Systemregeln herausfinden und mich dann auch daran halten, um dadurch das ideale Gedeihen des Systems zu ermöglichen.